Liebe Waldfreunde,
aufgrund der Covid-verursachten Einschränkungen verbringen immer mehr Menschen ihre Freizeit in der Natur, da die Alternativen in den Städten sowie die Urlaubsmöglichkeiten deutlich reduziert sind. Hierbei wird Einem bewußt, wie entspannend der Aufenthalt an der frischen Luft ist, wie man vom Alltagstrott abschalten kann. Wenn man dann noch ein Reh oder Feldhasen laufen sieht, ein kleiner Vogelschwarm für Ablenkung sorgt, bekommt das Naturerlebnis sein Sahnehäubchen. Während die „Naturneulinge“ beeindruckt nach Hause gehen, fällt dem naturverbundenen „Dauerbesucher“ die Veränderung in den Wäldern auf. Sei es nur an dem Wandel einfacher Wald- und Wirtschaftswege zu Waldautobahnen, um

Foto: Wirtschaftsweg nördlich von Feucht-Moosbach
ideale Bedingungen für die industrielle Waldbewirtschaftung durch Harvester (Erntemaschinen) zu erleichtern, oder durch die Lagerung von Holzpoltern am Wegesrand, die einem das Ausmaß der Waldausbeutung vor Augen führen.
Foto: Holzernte im Reichswald
Diese Bilder reduzieren im harmlosen Fall das Walderlebnis, bei den meisten Betroffenen resultieren sie in Wut und Frust. Natürlich ist die Holzentnahme eine Notwendigkeit, um Baumaterial und auch im beschränkten Maße Brennholz zu gewinnen, denn wir wollen nicht auf Kosten ausländischer Wälder unseren Verbrauch bestreiten (seien es nun die Wälder Amazoniens, oder die letzten Urwälder in Europa, wie in Polen oder Rumänien, die Tundrawälder Russlands … – die Beispiele ließen sich unbeschränkt fortführen), es kommt jedoch auf die Art der Bewirtschaftung an.
So führt die industrielle Waldbewirtschaftung mit ihrem viel zu engmaschigen Rückegassensystem nicht nur zu einem unnötigen Waldflächenverbrauch, sondern zu einer Bodenverdichtung mit Nachteilen für die Wasseraufnahme, Schädigung der Wurzeln der benachbarten Bäume, direkte Schädigung der Bäume durch Schrammen und sekundären Schädlingsbefall, Verlust der Integrität des Waldes mit zunehmender Austrocknung und Windbruch, sowie weiterer Schäden. Diese haben wir in den früheren Beiträgen reichlich angeprangert.
Extreme Ausmaße bei der Bewirtschaftung in Hessen zwangen unsere Dachorganisation BBIWS, lokale Bürgerinitiativen, Umweltgruppen und Einzelpersonen zu einem offenen Brief an die hessische Regierung:
https://www.bundesbuergerinitiative-waldschutz.de/2020/12/30/sterbende-w%C3%A4lder-im-klimawandel-brandbrief-an-die-landesregierung-in-hessen/
Wenn Sie den Link anklicken, kommen Sie auf den Artikel auf der Homepage der BBIWS. Den Brief können Sie hier einsehen:
Wie die Ausbeutung fremder Wälder aussieht, kann man deutschlandweit betrachten. So mehren sich die Berichte, wie vor allem alte Buchen- und Eichenbestände in unseren Wäldern geplündert werden, um den Hunger des chinesischen Marktes nach dem begehrten Altholz zu befriedigen. Diese Situation wird durch den kürzlich beschlossenen Handelspakt nicht besser werden. Wie Norbert Panek in einem Artikel schreibt, ist der deutsche Wald aufgrund früherer Ausbeutung ein ökologisch unreifer Wald. Nur 3.5% der Bäume ist älter als 160 Jahre! Jedoch ist genau dieser Anteil für die Umwelt ungeheuer wertvoll: so bieten diese Bäume mit ihren Höhlen und Kronen der Vogelwelt einen wichtigen Lebensraum, den jüngere Bäume mit dünnen Baumstämmen und fehlenden Höhlen nicht bieten können. Die Kronen führen nicht nur zu einem angenehmen kühlen Waldklima, das für den Menschen, als auch die lokale Pflanzenwelt unentbehrlich ist, sondern sind auch die größten Kohlendioxidvernichter der Natur. Umso bedauerlicher ist es, daß die Staatsforsten unter dem Deckmantel der Waldverjüngung und Klimadaptation das Tafelsilber unserer Wälder für kleines Geld verscherbeln. Sicher ist zu Pandemiezeiten und bei zunehmender Arbeitslosigkeit der volkswirtschaftliche Aspekt nicht kleinzureden, jedoch hätte man bei vernünftiger Wirtschaft der Regierung auf die Beiträge der Holzwirtschaft (2019 in Bayern ca. 50 Millionen Euro Gewinn bei bereits klimatisch stark vorgeschädigtem Wald) verzichten können, wenn dem z.B. 600 Millionen Euro Verlust durch die desaströse Planung der Autobahnmaut, oder 2 Milliarden Euro Verlust durch eine Fehlplanung der bundesweiten Autobahndirektion in den kommenden zwei Jahren (welche in den Medien erstaunlicherweise kaum Beachtung findet) allein durch das Verkehrsministerium gegenüberstehen.
Die Bilder aus den betroffenen Gebieten sind erschreckend. Folgend einige Beispiele aus dem Steigerwald:
Hier weitere Beiträge zu dem Thema:
https://www.centreforeconics.org/consultancy-and-projects/projects/heilige-hallen/

Claudia Blank beschaffte uns das Foto aus dem Ketterwald in der Nähe von Bad Mergentheim, einem ehemaligen Privatwald, der jetzt ausgebeutet wird.
Damit man sich ein Überblick über den zweifelhafte Waldbewirtschaftung verschaffen kann, erschien vor drei Tagen das langerwartete Buch „Der Holzweg – der Wald im Widerstreit der Interessen“ . Die umfang- und detailreichen Beiträge der Forscher unter

den vielfältigen Aspekten einer im Klimawandel dringend notwendigen Waldwende befeuern die aktuelle Waldschutzdiskussion und reichen sie auf die politische Ebene der Entscheidungsträger weiter. 36 Autorinnen und Autoren liefern Argumente und Grundlagen anhand relevanter Ergebnisse aus Forschung und Praxis und begründen damit wissenschaftlich, aber auch für Laien nachvollziehbar, die Kritik an einer nicht erst in Zeiten des Klimawandels fehlgeleiteten Forstwirtschaft. Auf 480 Seiten ist das Buch in erster Linie ein Weckruf an die Zivilgesellschaft und ein dringender Appell an die Politik, die längst überfällige ökologische Waldwende einzuleiten.
https://www.oekom.de/buch/der-holzweg-9783962382667
Das Buch kann über den o.g. Link als Papier- oder Onlineversion bestellt werden.
Man muß aber nicht so weit schweifen, um die düstere Situation unserer Wälder zu betrachten. Auch unser Reichs- und Bannwald um Nürnberg ist erheblichen Gefahren und Einflüssen ausgesetzt. Herbert Fahrnbauer hat einen höchst interessanten Beitrag hierzu beizusteuern:
Nachhaltiger Raubbau an der Natur in Bayern
- Wald vor Wild (Bild 1)

Es wäre zu schön gewesen, einen gesundheitsfördernden Waldspaziergang während der Feiertage und in Corona Zeiten zu machen. Aber bereits am Waldrand wurde der Zugang zum nahegelegenen Wald mit einer Absperrung und einem Schild untersagt. Auf dem Schild stand: „Achtung, Jagdbetrieb!!! –Lebensgefahr- Heute, 04.01.2021 findet zur Wildschadensregulierung eine Drückjagd auf Schwarzwild statt. Daher bitten wir Sie für Ihre eigene Sicherheit das Jagdgebiet großräumig zu meiden. Vielen Dank für Ihr Verständnis. gez. die Pächter
Dieses Beispiel ist nur ein Beispiel von vielen, wie aktuell den Bewohnern des Waldes „auf die Pelle gerückt wird. In der Vergangenheit wurden die Hundebesitzer regelmäßig ermahnt die Waldwege nicht zu verlassen, den Hund unbedingt angeleint zu lassen, sodass das gerade im Winter geschwächte Wild keinen Schaden erleidet. Und heute, da fordern die Staatsforsten immer mehr und höhere Abschussraten beim heimischen Wild. Dieses Vorhaben wird paradoxerweise auch noch vom Bund Naturschutz unterstützt.
Die Begründung dafür scheint einfach zu sein, das heimische Wild ernährt sich zu viel von den jungen Knospen der nachwachsenden Bäumchen und Sträucher. Dieser Wildverbiss geht überhaupt nicht, so die Förster und Jäger, schon gar nicht in Zeiten des Klimawandels und des gefräßigen Borkenkäfers.
Doch die tatsächlichen Ursachen für den äußerst schlechten Zustand des Waldes liegen ganz wo anders. In der Vergangenheit diktierten nur und ausschließlich wirtschaftliche Interessen an der Holzvermarktung die hochindustrialisierte Bewirtschaftung des Waldes rund um die Uhr. Die Ergebnisse daraus zeigen sich durch großflächige Monokulturen (z.B. dunkle Fichtenwälder), den Einsatz von schweren Erntemaschinen (Harvester, Forwarder) und die damit verbundene Reduzierung der im Wald beschäftigten Waldarbeiter, das rigorose Entfernen von großen und alten Bäumen als Schattenspender für nachwachsende Bäume, die erheblichen und nachhaltigen Bodenschäden durch die Erntemaschinen sowie das Entfernen von stehendem und liegendem Totholz als wichtige Basis für Insekten und Vögel.
Ein durch jahrzehntelange Misswirtschaft geschwächter Wald hat damit keinerlei Widerstandskraft gegenüber länger anhaltender Trockenheit und Borkenkäferbefall. Zudem wird eine naturnahe Waldverjüngung dadurch verhindert, dass aus Kostengründen auf bewährte praktische Schutzmaßnahmen wie Waldschonungen oder Wildschutzzäune verzichtet wird. Für die nachwachsenden Bäume wird es darüber hinaus fast unmöglich unter der prallen Sonne zu überleben. Die so wichtige Grundwasserbildung im Wald findet aufgrund der jahrelangen Misswirtschaft nicht mehr in dem erforderlichen Maße statt. Die Schatten spendenden Altbäume (Überhälter) wurden ja bereits großflächig geerntet.
Der Vorsatz „Wald vor Wild“ ist damit aus unserer Sicht der vollkommen falsche Lösungsansatz. Der §1 des Bundesjagdgesetzesregelt die Hegeverpflichtung mit dem Ziel „Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten, artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen. Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur Hege verbunden.“
Das heimische Wild darf damit nicht als „Schädling“ gesehen werden, das im Rahmen der Waldschadensregulierung bekämpft werden muss. Das heimische Wild sollte auch in Zukunft nicht nur in unseren Zoos beheimatet sein, um von der jungen und jüngsten Bevölkerungsgruppe überhaupt noch wahrgenommen zu werden.
- Errichtung eines ICE- Instandhaltungswerkes der Deutschen Bundesbahn.
Nordöstlich von Nürnberg zwischen Altenfurt und Fischbach, genauer gesagt zwischen der bestehenden Bahnlinie Nürnberg-Regensburg und der B4/ Regensburger Straße, plant die Deutsche Bundesbahn zusammen mit der Stadt Nürnberg ein Instandhaltungswerk für ICE- Züge. Das dafür vorgesehene Gelände liegt inmitten des Nürnberger Reichswaldes. Die betroffene Fläche von ca. 46 ha umfasst im Bereich des Bannwaldes sowohl den Lorenzer Reichswald einschließlich Vogelschutzgebiet als auch das Landschaftsschutzgebiet Nürnberg-Langwasser. Das gesamte Areal ist vollständig bewaldet und hat den ausgewiesenen Schutzstatus „Bannwald“. Es ist darüber hinaus ein wichtiges Naherholungsgebiet für die Nürnberger Stadtbewohner, wie auch als natürliche Klimaanlage in Zeiten des Klimawandels unverzichtbar. Die Abholzung dieses unter dem Schutzstatus „Bannwald“ stehenden Gebietes wird von uns abgelehnt, eine ortsnahe Ersatzaufforstung ist aus unserer Sicht absolut unrealistisch. Mittlerweile hat sich ein lokaler Widerstand der betroffenen Bürger (www.buergervereinsuedost.de) formiert, die der Überzeugung sind, dass es für das geplante ICE-Ausbesserungswerk der Deutschen Bundesbahn wesentlich geeignetere Flächen gibt.
- Errichtung und Betrieb einer 380 kV Höchstspannungsleitung (P53-Juraleitung, Bild 2).
Im Rahmen der sogenannten Energiewende ist geplant über verschiedene alternative Trassenvarianten eine 380- kV Höchstspannungsleitung quer durch den Nürnberger Reichswald zu führen. Bei diesen geplanten Trassen handelt es sich um die Varianten „Nord“, „Mitte“ und „Süd“, die einen Waldverlust von ca. 210 ha zur Folge hätten. Im Detail bedeutet das, dass je 100 m Trassenlänge 1 ha wertvoller Wald vernichtet wird. Bei dem betroffenen Wald handelt es sich dabei um ein 3-fach geschütztes Waldgebiet, d.h. „Bannwald“, Natura 2000 und Vogelschutzgebiet, wobei der Schutzstatus nach geltendem EU-Recht vergeben wurde. Bei diesem Eingriff handelt es sich um den größten Waldverlust seit den 1970-er Jahren, wo im umfangreichen Maße Wald für den Autobahnbau und die ICE-Strecke gerodet wurde.
Ergänzend zu den bereits vorhandenen Bürgerinitiativen lehnen die zwei lokalen Bürgerinitiativen („Rettet den Reichswald-Stoppt die Stromtrasse“ und JA! Zum Reichswald-NEIN Zur Juratrasse“), den Bau und Betrieb dieser 380 kV-Höchstspannungstrasse mit dem Hinweis auf dezentrale Energieversorgungskonzepte ab. Neben der erheblichen Zerstörung eines intakten Ökosystems, für den keine lokale Ersatzaufforstung möglich und sinnvoll ist, bedeutet der Waldverlust zudem eine deutliche Erhöhung der Lärmemissionen, einen Verlust der natürlichen Klimafunktionalität und insbesondere die großflächige Zerstörung eines durch EU-Recht geschützten wertvollen und artenreichen Naherholungsgebietes.
Abschließend muss darauf hingewiesen werden, dass es darüber hinaus noch viele weitere Begehrlichkeiten gibt, die Gesamtfläche des Nürnberger Reichswaldes erheblich zu reduzieren, z.B. der Bau von weiteren Autobahnkreuzen und „Overflys“ Nürnberg-Fischbach, Sandabbaugebiete, Siedlungsbau, etc..
gez. Herbert Fahrnbauer, 07.01.2021
Weitere Informationen zum Thema ICE-Werk finden Sie unter:
Die Petition zur Unterstützung unter:
https://www.change.org/p/ob-markus-könig-stoppt-die-rodung-des-nürnberger-reichswaldes
Fragwürdig ist auch das Angebot, als Ersatz für die zu rodenden 46 Hektar Reichswald 300 Hektar als Naturschutzgebiet bzw. Naturwald auszuzeichnen. Wie die Erfahrung deutschlandweit gezeigt hat, werden dafür nicht naturnahe Wälder herangenommen, sondern meist von den Staatsforsten ausgebeutete Waldstücke, die nichts mit naturnah gemeinsam haben. Bis diese Areale einen annähernd zu bezeichnenden Zustand erreichen werden, werden noch 2-3 Jahrhunderte vergehen. Als Ausgleich für unsere und die nachfolgende Generation ist dies nicht zu bezeichnen.
Zusätzlich besteht in unserem Reichswald die Problematik, daß die geforderten Ausgleichsflächen, die für zerstörten Bannwald angelegt werden müssten, schlichtweg nicht vorhanden sind. Die versprochenen Ausgleichsmaßnahmen werden von den Behörden meist nicht eingehalten, wie ein Brief des LBV (Landesbund für Vogelschutz) und des BN (Bund Naturschutz) belegt:
Einen Überblick über die bundesweiten Problemherde finden Sie auf der Homepage der BBIWS unter Aktuelles:
https://www.bundesbuergerinitiative-waldschutz.de/aktuelles/
In den früheren Beiträgen haben wir die Problematik erwähnt, daß Wälder zur Energiegewinnung verbrannt werden sollen. Hierzu ein ausführliches Positionspapier unserer Experten:
Bitte nehmen Sie an der Petition dagegen teil:
Zum Abschluss empfehlen wir hier noch zwei Filmbeiträge:
- Wir berichteten mehrfach über den Kampf für den Erhalt des Leipziger Auwalds. Die lokale BI schuf einen hochinformativen Film, der nicht nur auf das fachliche Versagen der Forstbehörden eingeht, sondern auch die auffällige Untätigkeit der Naturschutzverbände:
2. Wer sich in nur 40 spannenden Minuten informieren will, was in
Deutschlands Wäldern im vergangenen Jahr alles passiert ist, sollte sich
den nachfolgenden Podcast unbedingt anhören:
Zum Abschluss möchte ich mich bei Denjenigen, die uns unter unserer e-mail-Adresse info@bi-gegen-die-waldzerstoerung.org versucht haben, zu erreichen, entschuldigen, daß wir nicht auf die Anfragen reagiert haben. Leider hat die Weiterleitung nicht funktioniert, sodaß wir mit erheblicher Verzögerung auf Ihre Anfragen reagieren können. Wir hoffen, dies zukünftig abstellen zu können.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Roland Rippel mit dem Team gegen die Waldzerstörung Claudia Blank, Herbert Fahrnbauer und Eckhard Schulz